Pflege im ländlichen Raum absichern!
„Noch ist es um die Pflege im ländlichen Raum aus der Sicht unserer diakonischen Träger nicht schlechter bestellt, als in den städtischen Verdichtungsräumen. Wir haben keine generellen Engpässe - auch wenn unsere Sozialstationen die Tourenpläne nach wirtschaftlichen Erfordernissen ausrichten müssen und nicht mehr nach den Wünschen der Patienten gestalten können. Und wir mussten bisher wegen fehlender Fachkräfte auch noch keine Betten oder Wohnbereiche in unseren Heimen stilllegen. Aber wir haben für unsere Pflegeheime auch jetzt schon Wartelisten. Daher sehen wir angesichts des demographischen Wandels, der Zunahme der Pflegebedürftigen und des drohenden Fachkräftemangels eher skeptisch in die Zukunft. Es muss sich sehr schnell einiges ändern!“, ist Diakonie-Chef Dietrich Bauer überzeugt.
Im Rahmen eines Vor-Ort-Besuchs von Maria Loheide, der Vorständin für Sozialpolitik bei der Diakonie Deutschland, forderte Diakonie-Chef Dietrich Bauer sowohl die Bundesregierung als auch die künftige Landesregierung auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit sich die Schere zwischen Angebot und Nachfrage nach pflegerischen Leistungen nicht noch weiter öffnet.
„Sachsen ist eines der wenigen Bundesländer, in denen keine separate Wegepauschale verhandelt ist. Natürlich entstehen Aufwendungen, wenn die Mitarbeitenden von einem zum anderen Patienten unterwegs sind. Aus Diakoniesicht ist es ein dringendes Erfordernis, die Wegezeit separat auszuweisen und einen Zuschlag für den ländlichen Raum zu verhandeln, damit auch zukünftig die Versorgung aller Patienten sichergestellt werden kann“, so Bauer.
Das A und O sei, mehr junge Menschen und auch Quereinsteiger für pflegerische Berufe zu gewinnen. „Wer mehr junge Menschen in Sachsen für einen Pflegeberuf gewinnen will, muss neben einer größeren gesellschaftlichen Wertschätzung und einer grundsätzlich attraktiven Vergütung auch eine sehr gute Ausbildung und Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Die gerade zurzeit mit dem neuen Pflegeberufegesetz verbundenen Unklarheiten bei der Umsetzung der generalistischen Ausbildung in Sachsen sind daher der Gewinnung von Nachwuchskräften sehr abträglich. Neben der grundständigen Ausbildung muss zudem die Perspektive der berufsbegleitenden Qualifizierung auf ein sicheres Fundament gestellt werden.“
Ebenso könnte eine Beteiligung des Freistaats an den Investitionskosten der Heime die Eigenbeteiligung der Heimbewohner kurzfristig deutlich senken. „Bei den Krankenhäusern ist diese Beteiligung selbstverständlich – warum nicht auch bei Pflegeheimen?“, fragt Bauer.
Vorständin Maria Loheide ist der Überzeugung, dass sich die Bedarfe und die Lebenssituationen pflegebedürftiger Menschen in Zukunft noch weiter ausdifferenzieren werden: „Noch immer wird die überwiegende Mehrheit der Pflegebedürftigen von Angehörigen gepflegt. Was wir zukünftig brauchen, ist ein Mix von Leistungen und Angeboten, die flexibel kombiniert werden können, wie die Pflege und Unterstützung im häuslichen Umfeld, Kurzzeit- und Tagespflege sowie stationäre Pflege und auch Angebote für pflegende Angehörige. Außerdem müssen Kommunen und Gemeinden stärker für eine vorausschauenden Altenhilfe- und Pflegeinfrastruktur sorgen, gerade im ländlichen Raum. Das bezieht auch notwendiges Engagement für ausreichend Fachkräfte und ein Mix von professioneller Pflege, nachbarschaftlicher Unterstützung und Ehrenamt mit ein. Nicht zuletzt muss die Finanzierung der Pflege in den Blick genommen werden. Dafür brauchen wir dringend eine Reform der Pflegeversicherung, um die Lasten gerecht zu verteilen und die Pflege nicht zu einem individuellen Existenzrisiko werden zu lassen.“
Diakonische Altenhilfe in Zahlen:
Ambulante Altenhilfe: Die Diakonie Sachsen versorgt mit rund 3080 Mitarbeitenden in 110 diakonischen Sozialstationen rund 22.000 Menschen. Stationär: Derzeit betreuen rund 7000 Mitarbeitende in 121 Pflegeheimen, 58 Tagespflegen und 27 Kurzzeitpflegen ca. 9700 Menschen. Die Diakonie bildet derzeit in ihren berufsbildenden Schulen 382 Schülerinnen und Schüler im Bereich Altenpflege und 266 Schülerinnen und Schüler im Bereich Gesundheit- und Krankenpflege aus.